CREATIVE MENTORING im Rahmen des Up2B Breakthrough

Wie Künstler*innen Tech-Startups durch kreativen Input inspirieren

Im Rahmen des diesjährigen Up2B Breakthrough Accelerator Programms, fand erneut ein Mentoring durch Kreative statt. Im sogenannten Creative Mentoring wurden die teilnehmenden Startups von Künstler:innen begleitet, die ihnen dabei helfen sollten, neuartige, kreative und unkonventionelle Perspektiven auf ihr Business Case zu erlangen. Das Creative Mentoring basiert auf der Annahme, dass Kunstschaffende häufig über andere Denkstrukturen als beispielsweise Ingenieur:innen, Entwickler:innen oder Kaufleute verfügen. Dadurch können sie den Startups neue, bislang unbekannte Herangehensweisen aufzeigen.

Am diesjährigen Breakthrough haben vom 25. April bis zum 3. Juni 2022 zwölf Startups aus den Bereichen Industry Tech, IT, Robotics und SaaS teilgenommen. Während des sechswöchigen Programms, haben sie sich an jedem Freitag zum Mentoring mit ihrem jeweiligen Business Case Manager:in aus dem Up2B Team und einem Künstler oder Künstlerin getroffen. Dabei handelte es sich um vier Künstler:innen aus dem Projekt Creative Residency: Sophie Lichtenberg, Donni Schönemond, Melina Bucher und Julius Voigtländer.

Vier der teilnehmenden Startups (ApptiveGrid, DeepSign, FLECS und mentalport), den Musikproduzenten und Komponisten Julius Voigtlänger sowie die Modedesignerin Melina Bucher, haben wir zu ihren Eindrücken und Erfahrungen mit dem Creative Mentoring befragt.

WAS WAREN DEINE ERSTEN GEDANKEN ALS DU ERFAHREN HAST, DASS DIE FEEDBACK-FRIDAY-SESSIONS ZUSAMMEN MIT KÜNSTLER:INNEN STATTFINDEN?

Samuel Greising (FLECS): "Wow – krasse Idee. Wie sind die denn darauf gekommen? Und dann ging das Kopfkino los:

  • was für Künstler:innen werden das wohl sein?
  • Mannheim ist bekannt für seine Kunstakademien!
  • hoffentlich muss ich nicht singen!

Wir hatten im Team dann große Vorfreude auf den ersten Feedback-Friday mit dem/der Künstler:in."

Christian Denker und Norbert Hartl (ApptiveGrid): „Im ersten Moment waren wir etwas skeptisch, ob jemand, der aus einem nicht technischen Umfeld kommt, sich in das Produkt und die Herausforderungen, welche sich bei der Gründung ergeben, eindenken kann. Gleichzeitig waren wir aber neugierig auf den alternativen Blickwinkel.“ 

Norbert Hartl und Christian Denker von ApptiveGrid
Norbert Hartl und Christian Denker von ApptiveGrid

Tim Kleber (Mentalport): „Zu Beginn des Startups dachte ich sicher noch, dass es gewisse Dinge gibt, die getan werden müssen, um erfolgreich zu werden. Mittlerweile weiß ich sehr genau um die Komplexität der Startup-Gründung in Deutschland. Von Anfang an sind unzählige Dinge gleichzeitig zu tun, z.B. Team- und Organisationsaufbau, Finanzierung, Produkt- und Kundenentwicklung, Marketing, rechtliche Aspekte etc. Das alles gleichzeitig und v.a. mit nicht vorhandenen Ressourcen bewältigt werden muss, macht es so komplex. Von daher sage ich schon länger, wenn ich gefragt werde, dass ich mich als Künstler sehe, vielleicht als Entrepreneurship-Künstler. Ich glaube, dass es einfach eine Kunst ist, mit allen Herausforderungen umzugehen. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich sehr gefreut habe und es super fand, als ich hörte, dass wir mit Künstler:innen zusammenarbeiten. Ich wusste, dass eine unabhängige Perspektive auf aktuelle Probleme nur gewinnbringend sein kann. Ebenso gehen die Künstler:innen diverse Problemstellungen vielleicht auch ganz anders -und deutlich kreativer an. Ich habe mich also richtig gefreut und fand es sehr hilfreich für uns!“

Das Tam von Mentalport
Das Tam von Mentalport

WIE WÜRDEST DU DAS CREATIVE MENTORING BEWERTEN?

Christian Denker und Norbert Hartl (ApptiveGrid): „Das Creative Mentoring war zu unserer Überraschung einer der besten Programmpunkte des Up2B. Es war erstaunlich, wie motiviert und aktiv sich die Mentor:innen in unsere aktuellen Probleme reindenken konnten und dann, darauf folgend, neue Denkanstöße gaben. So erhielten wir hilfreiche Impulse für unsere Roadmap und die Vermarktung von ApptiveGrid.“ 

Samuel Freising (FLECS): „Insgesamt war das Creative Mentoring für uns sehr hilfreich. Allerdings mussten wir uns vorher schon genau Gedanken darüber machen, was wir dabei erreichen wollen und bei was uns der/die Künstler:in helfen kann. Für uns stand im Vordergrund, unser Produkt für andere Menschen möglichst klar und einfach erklären zu können. Da wir in einer sehr unbekannten Branche unterwegs sind und das Produkt dazu noch sehr technisch ist, fiel uns das bis dahin nicht leicht.“ 

Nils Vossbein, DeepSign
Nils Vossbein, DeepSign
„Insgesamt bewerte ich das Creative Mentoring sehr positiv, da es so auch nochmal eine Sicht "von außen" auf unsere Idee gibt.
Nils Vossebein von DeepSign

WIE SIND DIE SESSIONS VERLAUFEN? KANNST DU ÜBER EIN KONKRETES BEISPIEL NACHDENKEN, IN DEM DIR DER/DIE KÜNSTLER/ KÜNSTLERIN IN DEINEM DENKPROZESS GEHOLFEN HAT UND DEINE PERSPEKTIVE VERÄNDERT HAT?

Nils Vossebein (DeepSign): "Es hätte gerne noch mehr Sessions geben können, denn wir sind erst gegen Ende produktiv geworden, vorher war es fast nur ein Statusupdate, da auf beiden Seiten viel passiert ist. Aber gerade in UX-Fragen tat es sehr gut.“

Tim Kleber (Mentalport): „Wir haben uns direkt gut verstanden und waren auf einer Wellenlänge unterwegs. Die unabhängige und freie Einschätzung wie wir mit Herausforderungen der Zertifizierung als Präventionsangebot umgehen können, war sehr hilfreich. Auch wenn es um die Kommunikation mit Entscheidungsträgern unserer B2B-Partner geht. Da war es sehr hilfreich, unsere Idee plakativ und greifbar für Außenstehende zu machen.“ 

Das Gründerteam von FLECS: Patric Scholz, Alexander Reichert und Samuel Greising
Das Gründerteam von FLECS: Patric Scholz, Alexander Reichert und Samuel Greising
„Das spannende für uns war zu beobachten, wie sich die Sessions mit Sophie über die Zeit entwickelt haben. Am ersten Feedback Friday lieferten wir noch unseren unverständlichen Pitch ab. Über ehrliches Feedback konnten wir dann von beiden lernen, wie wir mit einfacherer Sprache unsere Idee vermitteln können."
Samuel Greising, FLECS

JULIUS UND MELINA, WARUM HABT IHR EUCH ENTSCHIEDEN ALS KREATIVE MENTOREN AM UP2B BREAKTHROUGH TEILZUNEHMEN UND WAS WAREN EURE ERWARTUNGEN?

Julius Voigtländer: „Ich habe mich dazu entschieden, als kreativer Mentor am Up2B Breakthrough teilzunehmen, da ich es als tolle Chance verstanden habe, mit Menschen zu arbeiten und mit Branchen in Berührung zu kommen, mit denen es in meinem alltäglichen Beruf als Musikproduzent und DJ nur wenige Berührungspunkte gibt. Ich habe von meiner Teilnahme an diesem Programm vorab nichts konkretes erwartet und versucht, so unbedarft wie möglich in die Sessions zu gehen, um ganz frei und unvoreingenommen kreativen Input geben zu können.

Melina Bucher: "Als Hochschuldozentin und Mentorin in verschiedenen Acceleratoren berate ich viele Startups und schätze den Austausch enorm. Die Startups, die ich betreue, sind zumeist wie ich im Textilbereich tätig und schätzen meine Fachexpertise. Der Up2B Accelerator war eine ganz neue Herausforderung: ganz neue Branchen und B2B Geschäftsmodelle. Ich finde es immer super spannend, Gründer:innen und ihre Geschäftsmodelle kennenzulernen. Gerade in frühen Phasen der Unternehmung kann man noch viel gestalten und ich mag es, mich in neue Branchen einzudenken und Ideen zu entwickeln. Dabei lernt man selbst immer wieder etwas Neues und regt seine Kreativität an. Deshalb habe ich mich auf diese neue Erfahrung besonders gefreut und hoffe, dass ich den Startups wertvollen Input geben konnte!"

WARUM DENKST DU, IST ES SINNVOLL, DASS SICH STARTUPS MIT KREATIVEN DENKPROZESSEN AUSEINANDERSETZEN?

Julius Voigtländer: „Meiner Meinung nach ist Kreativität vor allem immer da gefragt, wo es Probleme zu lösen gilt. Sie kann außerdem Wege für Prozesse und Entwicklungen aufzeigen, die sich außerhalb bereits geebneter Spuren befinden, und so zu neuer Erkenntnis führen.

Julius Voigtländer
Julius Voigtländer

WAS KÖNNEN KÜNSTLER:INNEN VON UNTERNEHMER:INNEN LERNEN IND UMGEKEHRT?

 Julius Voigtländer: „Auch, wenn sich das vielleicht nicht jede:r bewusst macht, so ist doch jede:r Künstler:in auch Unternehmer:in. Künstler:innen können von Unternehmer:innen lernen, sich bewusst zu werden, dass auch sie ein Unternehmen führen und beispielsweise ihre künstlerischen Prozesse stark und strukturiert nach einem vorher gesteckten Ziel auszurichten. Aus meiner Sicht können Unternehmer:innen von Künstler:innen lernen, ihr Produkt und ihr Unternehmen aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Sie können lernen, Problemlösungen intuitiv anzugehen, ohne dabei klare Vorgaben und Strukturen zu verfolgen oder diese, im Gegenteil, bewusst zu brechen.“

Melina Bucher beim Pitchevent
Melina Bucher beim Pitchevent
Die meisten Gründer:innen haben entweder einen Modedesign oder kaufmännischen Hintergrund. Die Kaufleute haben ihren Fokus oft auf den Zahlen und wollen alle Dinge organisiert und nach Plan angehen. Kommt dieser Plan durcheinander, könnten sie überfordert sein und benötigen kreative Lösungsansätze. Umgekehrt benötigen Designer:innen das richtige Handwerkszeug, um die betriebswirtschaftliche Seite ihres Unternehmens zu steuern.
Melina Bucher

WIE KÖNNEN AUS DEINER SICHT DIE STARTUPS, DIE DU BETREUT HAST, VON DEINEM INPUT PROFITIEREN?

Julius Voigtländer: „Ich bin seit 17 Jahren selbstständig und war am Anfang selbst ein Startup, auch wenn ich mir dessen damals nicht bewusst war. Mit dieser Erfahrung als selbstständiger Künstler habe ich die Startups unterstützt.

Melina Bucher: "Startups werden immer wieder damit konfrontiert, ihre Ideen vor Publikum zu präsentieren, das nicht aus der eigenen Branche stammt. Ob das nun Investor:innen, Pressevertreter:innen oder Banken sind. Deshalb ist es wichtig, seine Idee so einfach und präzise wie möglich darstellen zu können. Ich habe versucht, im Accelerator so viele Rückfragen wie möglich zu stellen, um die Geschäftsidee weiter zu schärfen. Außerdem habe ich meine kreative Sicht auf Marketing und Branding eingebracht. Und den ein oder anderen Tipp aus meinem Management Master konnte ich bestimmt auch einbringen."

Melina Bucher
Melina Bucher

WIE HAST DU SELBST VOM INPUT DER STARTUPS PROFITIERT?

Melina Bucher: "ich konnte neue Branchen und Geschäftsbereiche kennenlernen, dabei lernt man immer viel dazu. Außerdem habe ich (auch wenn ich das in der Theorie natürlich weiß), mal wieder gemerkt, wie wichtig es ist, sich immer wieder Gedanken um seine Zielgruppe, seine Strategie und Vision zu machen. Das habe ich zum Anlass genommen, auch für mein eigenes Unternehmen Melina Bucher mal wieder aus dem operativen Geschäft auf die langfristigen Ziele zu blicken. Und ich habe gemerkt, wie gut es tut, kreativ zu werden. Jeden Freitag Nachmittag nach der Mentoringsession war ich voller Energie und Motivation!"

Julius Voigtländer: "neben spannenden neuen Kontakten konnte ich auch viel über die Welt des Startup-Business lernen.“

Über den Up2B Accelerator
Der Up2B Accelerator ist ein gemeinsames Partnerprojekt der Organisationen innoWerft Technologie- und Gründerzentrum Walldorf Stiftung GmbH, mg:mannheimer gründerzentren GmbH and Technologiepark Heidelberg GmbH und wird vom Startup BW finanziert. Seit 2017 wurden vom Up2B mehr als 180 Startups mit B2B und IndustryTech Fokus unterstützt.

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Beril
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Beauftragte für Musik und Popkultur (derzeit in Mutterschutz)
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