Der Luxus der Zukunft ist VEGAN!

Interview mit Designerin MELINA BUCHER über ihr veganes Fashion-Label, E-Commerce, Mannheim und die Zukunft der Mode-Branche

Sie könnte Ihr veganes Fashion-Label auch in Los Angeles führen, aber Melina Bucher entwickelt in Mannheim eine international erfolgreiche Kollektion, die den Luxus der Zukunft neu definiert: Exklusive vegane Handtaschen und Accessoires für selbstbewusste Frauen, denen Ethik so wichtig wie Ästhetik ist. Hier erklärt Melina Bucher, wie sie mit nachhaltiger Mode ein Statement für positive Veränderung setzt.

Melina mit Hund Bailey, dessen Namen auch ihre neueste Handtasche trägt
Melina mit Hund Bailey, dessen Namen auch ihre neueste Handtasche trägt

Melina, das Allerwichtigste zuerst: Du bist vor kurzem Mama geworden – wie geht es dir?

Melina: "Mir geht’s sehr gut! Die Kleine ist jetzt erst einige Wochen alt, und ich muss mich noch ein bisschen eingrooven – aber sie ist wirklich zuckersüß."

Auch Dein Unternehmen bekommt Zuwachs: Gerade habt Ihr mit der Handtasche „Bailey“ den nächsten Meilenstein der Nachhaltigkeit gelauncht, zu der auch gerade ein Kickstarter-Kampagne läuft – was macht diese Tasche so besonders?

Melina: "Alle unsere Taschen zeichnen sich aus durch veganes Material, nachhaltige Kleinserien-Produktion in Europa und liebevolles Design mit Wertigkeit bis ins kleinste Detail. Das besondere an „Bailey“ ist, dass diese Tasche nicht nur frei von tierischen Produkten ist, sondern auch absolut plastikfrei. Sie ist komplett aus biobasiertem veganen Leder gefertigt." 

Warum ist diese Produktevolution so wichtig?

Melina: "Immer mehr Frauen, die unsere veganen Taschen lieben, legen zusätzlich auch Wert darauf, dass die Taschen plastikfrei sind. Es gibt verschiedene Leder-Alternativen aus Kaktus, Ananas oder Apfel, aber beim Apfel beispielsweise besteht das Endprodukt zu 50 Prozent aus Frucht und zu 50 Prozent aus synthetischen Materialien. Das neue innovative Material, das wir für „Bailey“ nutzen, besteht zu 100 Prozent aus biologischen Inhalten und ist komplett abbaubar."

Dafür benutzt ihr „Mirum“-Leder – dieses Material wird von einem Bio-Tech-Startup in den USA entwickelt. Das liegt ja nicht gerade „nahe“ für ein Unternehmen aus Mannheim. Wie habt ihr Euch gefunden?

Melina: "Ich habe vor zwei Jahren in einem Zeitungsartikel über dieses Startup gelesen. Ihre Idee: plastikfreies veganes Leder. Damals wussten sie selbst nicht, ob das überhaupt funktionieren kann. Ich habe sie angeschrieben und gesagt: Wir sind an Bord! Inzwischen haben sie ein Millionen-Funding bekommen und arbeiten auch schon mit Porsche zusammen. Ich hatte damals einen guten Riecher." 

Apropos Riecher: Die neue Melina Bucher-Tasche „Bailey“ ist nach Deinem Hund benannt – warum?

Melina: "Alle meine Taschen sind nach einem ehemaligen oder jetzigen Haustier von mir benannt. Viele Brands benutzen als Muse oder Botschafter Frauen oder Männer. Um herauszustellen, dass auch Tiere eine Persönlichkeit haben, nehmen wir Tiernamen. Die neue Tasche wurde an Baileys Geburtstag gelauncht." 

Um herauszustellen, dass auch Tiere eine Persönlichkeit haben, nehmen wir Tiernamen für unsere Taschen
Melina Bucher

Du bist in Mannheim geboren, hast hier  Betriebswirtschaft studiert und wolltest ursprünglich Steuerberaterin werden. Wie kam es dann zu einem Modeunternehmen? 

Melina: "Während meines Masterstudiums an der Universität Mannheim habe ich Entrepreneurship-Kurse besucht, die sehr inspirierend waren. Die Vorstellung, selbstständig zu sein, fand ich auch schon immer cool: Dass man es für sich macht, dass man seine Ideen verwirklichen kann."

Und wie kam es zu der Idee, vegane Handtaschen zu kreieren?

Melina: "Ich liebe Designer-Handtaschen. Schon zum Abitur wollte ich unbedingt eine Louis Vuitton. Und von meinem allerersten Gehalt habe ich mir eine Prada gekauft. Aber seit 12 Jahren bin ich Vegetarierin und seit drei Jahren Veganerin. Irgendwie erschien es mir widersprüchlich, dass ich kein Fleisch esse, aber mit einer Lederhandtasche am Arm herumlaufe. Also habe ich nach einer veganen Tasche gesucht – und musste feststellen: Es gibt keine."

Dann hast du beschlossen, selbst vegane Taschen zu entwerfen?

Melina: "Nein, mein erster Impuls war es, alle Customer-Services anzuschreiben und zu fragen, ob sie eine vegane Tasche entwerfen könnten. Die Antworten waren relativ ernüchternd. Meist hieß es in etwa: „Wir sind ein traditionelles Lederunternehmen – also vergiss es!“

Also hast Du die Sache selbst in die Hand genommen?

Melina: "Nein, so richtig sicher war ich mir immer noch nicht: Kann ich als angehende Steuerberaterin ein Modelabel gründen? Aber ich habe immer mehr darüber gesprochen – bis meine Freundinnen irgendwann zu mir meinten: Wieso machst du es nicht einfach? Ich bin dann zur Textilerei – dem Mannheimer Gründungszentrum für Textilunternehmen – gegangen und die fanden meine Idee richtig cool. Ich wurde dort sehr gut beraten und dann ging alles ganz schnell mit der Gründung."

Welche Unterstützung hattest du als junge Gründerin in Mannheim?

Melina: "Mannheim ist nicht so riesig wie Berlin, aber dafür wird hier wirklich sehr viel für Startups gemacht. Es gab und gibt hier Förderprogramme wie Kreatech und ich habe einen Gründerzuschuss bekommen. Außerdem haben mich die Mitarbeitenden vom Startup-Ökosystem NEXT MANNHEIM und der Stadt Mannheim sehr unterstützt mit Beratung: Sie helfen Dir immer dabei, in die richtigen Netzwerke zukommen."

In Mannheim habe ich für mein Business tolle Unterstützung erhalten
Melina Bucher

Hast Du dich aus diesem Grund dafür entschieden, in Mannheim zu bleiben? Viele Modeunternehmen zieht es in die großen internationalen Metropolen …

Melina: "Die einzige Stadt, wo ich ein noch besseres Umfeld für uns sehen würde ist Los Angeles – ganz einfach, weil dort die vegane Szene extrem groß ist. Aber ich fühle mich in Mannheim extrem wohl. Hier habe ich für mein Business tolle Unterstützung erhalten. Es gibt viele spannende Netzwerke wie Hometown Glory, weshalb wir nun ja auch die Gelegenheit bekommen haben, im Modehaus Engelhorn unsere Taschen anzubieten. Dazu kommt, dass ich auch familiär eine große Verbundenheit mit Mannheim habe: Mein Verlobter arbeitet hier, mein Vater hat hier sein Geschäft – und schließlich ist hier jetzt auch meine Tochter zur Welt gekommen."

Mannheim ist eine der familienfreundlichsten Kommunen Deutschlands – dann passt das ja bestens, oder?

Melina: "Ja, das denke ich auch, denn ich selbst habe in Mannheim auch nur positive Erfahrungen gemacht. Ich bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. In Mannheim muss man sich auf jeden Fall durchsetzen lernen, aber genau das finde ich gut – denn das ist eine wichtige Eigenschaft, die man später auch im Business braucht."

Lass uns einen Blick in die Zukunft Deines Labels werfen. Was ist der Plan für Eure „Next Gen Luxury“?

Melina: "Mein klares Ziel ist es: Melina Bucher wird diese eine, relevante Marke werden, die man mit veganer Luxusmode verbindet! Dafür werden wir weiter innovative Materialien einsetzen, aber auch schon bald neue Produktlinien starten. Bislang haben wir ja ausschließlich Handtaschen im Programm, aber wir sind gerade dabei Accessoires zu designen, um Lederwarenprodukte wie Geldbeutel durch hochwertige vegane Produkte zu ersetzen. Dazu kommen Dinge wie beispielweise Kartenhalter – also erstmals auch Produkte für Männer."

Auf Deiner Webseite steht der Appell: „Let’s change the fashion game – one bag at a time”. Dieses Thematik vermittelst Du inzwischen auch als auch als Dozentin für Nachhaltigkeit. Wie soll die Modebranche in 30 Jahren aussehen?

Melina: "In meiner Wunschvorstellung: Komplett tierleidfrei. Und mit menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Wir haben viel zu viel konsumiert und viel zu günstig produziert. Das müssen wir ändern – wir müssen die Sachen mehr wertschätzen."

Was ist die besondere Herausforderung für ein Modelabel, dass sich konsequent der Nachhaltigkeit verpflichtet?

Melina: "Man muss ganzheitlich arbeiten! Meine erste Kollektion habe ich vor allem mit der Intention gestaltet, ein veganes Produkt zu schaffen. Im Prozess habe ich dann aber gemerkt, was man noch alles beachten werden muss: Veganes PU-Leder besteht aus Plastik. Klebstoff enthält oft tierische Materialien. Und selbst Visitenkarten sind nicht immer vegan! Deshalb sind wir bestrebt, uns ständig neu zu erfinden, indem wir die neusten Entwicklungen im Bereich Materialtechnologie erforschen. Deshalb sind wir nun in der Lage, Designertaschen aus vollständig biobasiertem und kreislauffähigen Leder anzubieten. Transparenz und Nachverfolgbarkeit sind dabei wesentliche Bestandteile unseres Unternehmens. Die Taschen werden in Mannheim designt, in ausgewählten europäischen Manufakturen gefertigt, um die Transportwege zu minimieren. Die Produktlieferungen sind CO2-neutral. Für den Versand verwenden wir recycelte Kartons und Klebeband auf Papierbasis mit veganem Kleber. Zu 100 Prozent plastikfrei!"

Momentan seid Ihr noch vorrangig ein E-Commerce-Unternehmen, der Vertrieb läuft in der Hauptsache über Euren eigenen Online-Shop. Wird das so bleiben?

Melina: "Durch unsere Präsenz bei Engelhorn haben wir gemerkt, wie wichtig der stationäre Handel ist. Unsere Kundinnen konnten die Taschen in die Hand nehmen, das Material fühlen, die Details betrachten und die Wertigkeit persönlich erfahren. Das ist natürlich der einfachere Weg, als all das auf einer Webseite zu erklären. Nach Corona steht für uns fest: Wir wollen stärker in den Präsenzhandel – in Deutschland, aber auch im Ausland. Dafür wollen wir uns dann auch personell verstärken. Aktuell sind wir hier fünf Leute und kommen schon jetzt aufgrund der großen Nachfrage kaum hinterher."

Ihr habt sehr viele Kundinnen aus dem Ausland. Wie hat sich das entwickelt?

Melina: "Momentan ist Deutschland noch unser wichtigster Markt, aber schon dicht gefolgt von Großbritannien und den USA. Das hat einen einfachen Grund: Das sind die Länder, wo vegane Mode bereits ein etabliertes Thema ist. Bei uns in Deutschland muss man aktuell noch mehr Überzeugungsarbeit leisten."

Eure Reichweite habt Ihr auch der guten Presseresonanz zu verdanken. Wie ist denn die Vogue auf Dich aufmerksam geworden?

Melina: "Ganz einfach, indem ich die Redaktion persönlich angeschrieben habe. Ich hatte in diesem Fall aber das Glück, an eine junge, motivierte Mitarbeiterin zu geraten, die sich für veganen Lifesstyle genauso begeistert wie wir. Und seitdem haben wir auch international eine sehr gute Presseresonanz."

Liebe Melina - wir wünschen Dir viel Glück für die Zukunft! 

(Interview: Lena Fiedler & Ralf Laubscher für  Mannheim My Future,  Fotos: Melina Bucher)