Ein weiteres Hindernis stellt das Fehlen sichtbarer Rolemodels dar. In vielen öffentlichen Debatten, Medienberichten oder auf Bühnen dominieren männliche Gründungspersönlichkeiten.
Das prägt die Vorstellung davon, wer „typischerweise“ gründet – und beeinflusst nachweislich das Gründungsverhalten junger Frauen.
Studien zeigen, dass Frauen eine höhere Gründungsneigung entwickeln, wenn sie sich mit erfolgreichen Gründerinnen identifizieren können. Die KfW (2022) betont zudem, dass fehlende Vorbilder ein zentrales Hemmnis für potenzielle Gründerinnen darstellen, ebenso wie der eingeschränkte Zugang zu unternehmerischen Netzwerken, die für Ressourcen, Mentoring und Austausch entscheidend sind.
Auch auf der zeitlichen und sozialen Ebene gibt es Unterschiede. Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit – also Kinderbetreuung, Pflege oder Haushaltsverantwortung. Diese Realität beeinflusst maßgeblich, wann und wie Frauen gründen. Viele entscheiden sich für nebenberufliche Gründungen oder Geschäftsmodelle mit geringem Risiko und Investitionsbedarf – weniger aus strategischem Kalkül, sondern weil es besser mit familiären Verpflichtungen vereinbar ist. Laut BMFSFJ (2020) leisten Frauen im Durchschnitt täglich 52 % mehr unbezahlte Sorgearbeit – ein Faktor, der in der Gründungsförderung bislang oft unzureichend berücksichtigt wird.
Good bye, tradittionelle Rollenbilder!
Sichtbarkeit kann in diesem Kontext als strukturveränderndes Instrument verstanden werden. Sie bedeutet nicht nur Präsenz, sondern auch Anerkennung, Repräsentation und Zugang. Sichtbare Gründerinnen schaffen Orientierung, bieten Identifikationsmöglichkeiten und tragen dazu bei, bestehende Narrative zu hinterfragen. Sie helfen, ein differenzierteres Bild von Unternehmer*innentum zu etablieren – jenseits traditioneller Rollenbilder. Zugleich fördern sie durch ihre Präsenz den Zugang zu Kapital, Netzwerken und Medienöffentlichkeit – essenzielle Ressourcen für jede unternehmerische Entwicklung. Auch auf wirtschaftlicher Ebene ist Diversität von Vorteil: Studien wie „Diversity Wins“ von McKinsey (2020) zeigen, dass Unternehmen mit diversen Gründungsteams innovativer, widerstandsfähiger und wirtschaftlich erfolgreicher sind.