HEDY LAMARR – eine Diva vernetzt die Welt!

Ein unerzähltes Kapitel der Technologiegeschichte

Heute, am 9. November, begehen wir mit dem offiziellen „Tag der Erfinder“, einen für die Gründungsszene nicht ganz unwichtigen Feiertag. Und ja, es müsste der „Tag der Erfinderinnen“ sein, denn dieser Tag fällt nicht ohne Grund auf den Geburtstag einer Frau – um genau zu sein, einer der größten Hollywood-Ikonen ihrer Zeit, die lange als schönste Frau der Welt und als Vorbild für Walt Disneys Schneewittchen und Catwoman galt. Aber Hedwig Kiesler war mehr. Müsste man eine Geschichte über Unconscious Bias, die erschreckend geringe Relevanz von Frauen in der Tech-Branche, fehlendes Invest in Gründerinnen, Antisemitismus, Emanzipation, verkannte Rolemodels und eine der bahnbrechendsten Erfindungen des 20.ten Jahrhunderts schreiben – es wäre ihre Geschichte.

Eine Geschichte, die dennoch kaum jemand kennt, obwohl „Hedy Lamarr“ mit ihrer Erfindung den Grundstein für moderne Kommunikationssysteme wie Mobilfunk, Wlan und Bluetooth legte. Wäre „Hedy Lamarr“ ein Mann gewesen, wäre das wohl anders…

Am 9. November 1914 wird Hedwig Kiesler als Tochter jüdischer Eltern in Wien geboren, besucht eine Schauspielschule, dreht schon im Alter von siebzehn Jahren gemeinsam mit Größen wie Heinz Rühmann. Mit 18 hat die Tochter einer Konzertpianistin ihren großen Durchbruch durch einem Film, der zu einem der bis dahin größten Skandale in der Filmgeschichte sorgen sollte. In der tschechischen Produktion „Extase“ lässt sie als eine der ersten Frauen alle Hüllen fallen und spielt selbstbewusst den ersten, jemals inszenierten weiblichen Orgasmus vor laufenden Kameras. Ein Dorn im Auge von Papst Pius XI und den Nazis - der Film gilt in Nazi-Deutschland als „jugendgefährdend“, wird in den USA wegen „obszöner“ Inhalte nicht im Original ausgestrahlt.

Wenig später heiratet Hedwig den vierzehn Jahre älteren, österreichischen Waffenmogul Fitz Mandl, der aus Eifersucht Unsummen ausgegeben haben soll, sämtliche Kopien des Skandalfilms aufzukaufen und zu vernichten. Gerüchten zufolge hatten Hedwigs Eltern sie nach dem weltweiten Skandal zu der Ehe mit dem drittreichsten Mann des Landes gezwungen. Mandl untersagt ihr, als Schauspielerin zu arbeiten, kontrolliert jeden ihrer Schritte, sperrt sie im gemeinsamen Anwesen ein. Mandl nutzt seine junge Frau lediglich als dekoratives Beiwerk und zwingt sie, ihn zu Treffen mit den von ihr verhassten Faschisten Hitler und Mussolini zu begleiten.
Vier Jahre später flieht Hedwig über Nacht mit ihrem teuersten Schmuck als einziges Kapital vor ihrem Mann und den Nazis nach London.  

Hedwig Kielser wird als "Hedy Lamarr" zum Weltstar

Die Filmindustrie vermarktet sie als „schönste Frau der Welt“ und laszive Diva. Hedy dreht mit Clark Gable, Spencer Tracy, James Stewart und Bob Hope.
Die Filmindustrie vermarktet sie als „schönste Frau der Welt“ und laszive Diva. Hedy dreht mit Clark Gable, Spencer Tracy, James Stewart und Bob Hope.
Jedes Mädchen kann glamourös sein. Du musst nur still stehen und dumm dreinschauen.
Hedy Lamarr

In England trifft sie Louis B. Mayer, den Gründer des renommierten Filmstudios MGM und kauft kurzentschlossen ein Ticket für das Schiff, mit dem er in die Staaten zurückkehrt. Noch während der Überfahrt handelt die junge Frau einen Vertrag aus und wird in den Folgejahren unter dem Namen Hedy Lamarr zu einer der größten Ikonen Hollywoods. Die Filmindustrie vermarktet sie als „schönste Frau der Welt“ und laszive Diva. Durch ihre Hauptrolle in „Samson und Delilah“, dem bis dahin erfolgreichsten Film aller Zeiten, wird sie endgültig zum Superstar, heiratet sechs Mal und hat zahlreiche Afairen mit Männern und Frauen. Hedy wird jedoch schnell in eine Schublade gesteckt und fast ausschließlich als mysteriöse Verführerin besetzt. Sie leidet zunehmend unter der Oberflächlichkeit der Branche und dem eindimensionalen Bild, das die Traumfabrik von ihr zeichnet.

Hinter der Frau, die als Superstar sämtliche Klischees bedient, steckt mehr.

Obgleich auf ihr Äußeres reduziert, ist Hedy eine hochintelligente, brillante, visionäre Erfinderin.
Gelangweilt von Hollywood, tüftelt sie in ihren drehfreien Zeiten an neuartigen Brausetabletten, einem verbesserten Ampelsystem und soll einem ihrer Liebhaber, dem Luftfahrtpionier Howard Hughes, dabei geholfen haben, das Design seiner Flugzeuge zu optimieren. Auf Filmsets soll der Garaderobenwagen der Diva stets mit allerhand technischem Equipment bestückt gewesen sein.

Mit dem befreundeten Komponist George Antheil arbeitet sie während des zweiten Weltkrieges unter anderem an einer Lösung, um für ein Stück des Komponisten 16 Klaviere synchronisieren zu können. Lamarr und Antheil lösen das Problem durch die Verwendung identischer Lochkarten in Sender und Empfänger, welche damit einen zeitgleichen Wechsel der Frequenz ermöglichte.

Als Hedy erfährt, dass funkgesteuerte Torpedos der Navy leicht vom Feind manipuliert werden können, überlegt sie dieses Verfahren auch als Lösung dieses Problems zu nutzen. Da sie auf den zahlreichen Banketts, an denen sie mit ihrem tyrannischen Ex-Mann teilnehmen musste, eben nicht nur dekoratives Beiwerk war, sondern sehr genau zugehört hatte, wenn es um geheime Waffentechniken ging, nutzt sie eben dieses Wissen.

Hedy Lamarr legt den Grundstein für Bluetooth, Wlan, GPS und Mobilfunk

Gemeinsam mit Antheil entwickelt sie das Frequenzsprungverfahren - eine Art der Funkfernsteuerung, die automatisch so oft die Frequenz wechselt, dass sie vom Feind nicht angepeilt werden kann. Für ihre Erfindung nutzen die beiden die Lochstreifen, die sie zuvor für die Klaviere verwendet hatten. Als glühende Gegnerin der Nazis, sieht sie darin einen Weg, die Alliierten im Kampf zu unterstützen. Sie lässt das Verfahren patentieren und stellt es der Navy zu Verfügung.  Das US-amerikanische Militär jedoch setzt dieses Verfahren während des Zweiten Weltkriegs niemals ein, da man das Patent einer Hollywood-Schauspielerin und eines Komponisten nicht ernst nimmt und nicht in die Weiterentwicklung investiert. Das Patent läuft ab und gerät jahrzehntelang in Vergessenheit. Erst in den Sechzigern taucht darauf basierende Technologie auf den Schiffen der Navy auf. Bis klar wird, wie bahnbrechend ihre Idee wirklich war, dauert es weitere Jahrzehnte – denn Hedys Verfahren gilt bis heute als Grundstein für die Entwicklung sämtlicher moderner Kommunikationssysteme wie Bluetooth, Wlan, GPS und Mobilfunk.

Die Anerkennung dafür kommt zu spät - Hedy Lamarr stirbt 2000 mit 86 in Florida. Erst vier Jahre später wird sie posthum in die „Hall of Fame“ der amerikanischen Erfinder*innen aufgenommen.
Geld bekommen hat sie für ihre Erfindung nie. 

 

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