Positive Signale

Mit dem Dialogprojekt EMBRACE 2020 schafft das Mannheimer Startup OSTAR interkulturelle Verständigung

So funktioniert Kreativarbeit über Grenzen hinweg: “EMBRACE 2020” ist ein inspirierendes Dialog-Projekt von NEXT MANNHEIM, des Music Commission e.V., des Music Export Ukraine und des Mannheimer Startups OSTAR Music Network. Wie man in Pandemiezeiten positive Signale für interkulturelle Verständigung schafft, erklären die OSTAR-Gründer Stefan Wandel und Thomas Woschitz im NEXT MANNHEIM-Interview.

 Ihr betreibt das „Ural Music Camp“ in Russland – und jetzt auch das deutsch-ukrainische Dialogprojekt „EMBRACE 2020!“ Erzählt doch mal!

Stefan: Schon seit 2018 veranstalten wir mit Natalia Shmelkova, der Initiatorin des Ural Music Night Festivals, das Bildungsprojekt Ural Music Camp im russischen Jekaterinburg. Diese Workshops entstanden über die Jahre in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Popakademie Baden-Württemberg. Inspiriert von der großen Resonanz und dem Ideenstark-Förderpreis, den wir im November erhalten haben, entstand die Idee, unsere OSTAR-Aktivitäten auch auf andere Länder auszuweiten. 

Tom: Mit unserem OSTAR Music Network wollen wir generell interkulturellen Austausch schaffen – mit einem Fokus auf osteuropäische Länder, wo die Förderstrukturen für Kreative noch nicht so ausgeprägt sind wie bei uns. Die Expertise, die wir in den letzten Jahren aufbauen konnten, nutzen wir jetzt, um mit unterschiedlichen Partnern Konzepte zu entwickeln.

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Mit EMBRACE 2020 seid Ihr Partner von NEXT MANNHEIM und des Music Commission e.V. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Stefan: Im Herbst hat die Stiftung EVZ ein Projekt ausgeschrieben, um den Jugendaustausch zwischen Deutschland und der Ukraine zu fördern. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits einen Kontakt zum „Music Export Ukraine“, haben das Potenzial in der Vernetzung mit dem Music Commission e.V. gesehen und die beiden einander vorgestellt. Wir als OSTAR sind in diesem Fall als Projektpartner mit der Konzeptionierung und Projektplanung beauftragt.

Was ist die Idee von EMBRACE 2020?

Tom: In der Ausschreibung war die zentrale Frage: Wie kann digitaler (Jugend)austausch zwischen der Ukraine und Deutschland aussehen? Wir möchten mit EMBRACE jungen Talenten zeigen, welche Best-Practises von Gleichgesinnten bereits vorgelebt wurden und welche grundlegenden Lehren man daraus ziehen kann. Deshalb produzieren wir Videos mit Kreativschaffenden, die in beiden Ländern mit ähnlichen Situationen konfrontiert sind. Bei EMBRACE 2020 geht es um positive Projekte und um die Frage, wie man durch engen Austausch voneinander lernen kann. Der Name steht auch dafür, trotz bestehender negativer Aspekte proaktiv und positiv in 2021 zu starten – und Kraft aus dem Umgang mit der Krise zu ziehen.   

Es war uns wichtig zu zeigen, wie weit man mit den richtigen Ideen kommen kann.
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Wie habt Ihr die Interviewpartner ausgewählt?  

Stefan: Bei der Auswahl der Dialogpartner haben wir uns auf die „älteren Jungen“ konzentriert. Es war uns wichtig zu zeigen, wie weit man mit den richtigen Ideen kommen kann und wie man von davon lernen kann. Wir haben dann in der Ukraine und in Deutschland Leute gesucht und gefunden, die im Pandemiejahr 2020 innovative Projekte umgesetzt haben.

 

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Welche Projekte haben Euch besonders beeindruckt?

Stefan: Neben der oft sehr berechtigten Kritik an der Support-Struktur für Kreative in Deutschland, gibt es hier auch unzählige positive Projektbeispiele. Der Umgang mit der Krise in der Ukraine bietet aber einen anderen Blickwinkel. Es ist beeindruckend, wie in einem Land, wo es vergleichsweise wenig Förderung für Künstler*innen gibt, teilweise ganz andere Lösungsansätze entstehen. Mit dem positiven Storytelling von EMBRACE 2020 wollen wir das herausarbeiten. Wir zeigen, wie Künstler*innen in beiden Ländern die Zeit proaktiv nutzen, um Neues entstehen zu lassen, trotz der äußerst prekären Situation.

Tom: Wir haben Videos produziert, die verschiedenen Schwerpunkten gewidmet sind – unter anderem den Themen Artist Management, Musik-Journalismus, Musik-Produktion oder Musik-Events. Sehr interessant finden wir den Ansatz von Florian Schweikert vom Heidelberger Metropolink-Festival. Im Gespräch mit dem Event-Promoter Yurii Bazaka aus Kiyv beschreibt er, wie wichtig es geworden ist, über Genregrenzen hinaus zu denken. Das Metropolink-Festival fand im Sommer sehr große Beachtung und konnte erfolgreich umgesetzt werden, nicht zuletzt, weil es nicht nur als Musikfestival, sondern als Art-Festival konzipiert ist.

Stefan: In Kiyv ließ man sich mit einem „Vertical Concert“-Konzept etwas Besonderes einfallen. Bands spielten auf einer Dachterrasse gegenüber einem aktuell nicht genutzten Hotel. Mit ihren Tickets erhielten die Zuschauer*innen Zugang zu den Hotelbalkonen, von wo aus sie unter Einhaltung der Social Distancing-Regeln das Konzert genießen konnten. Ein positives Beispiel für ein kreatives Konzept zur Umnutzung leerstehender Flächen, das auch in Deutschland funktionieren könnte.

Musiker, Coaches, Netzwerker und Gründer: Die OSTAR-Macher Stefan Wandel (links) und Thomas Woschitz.
Musiker, Coaches, Netzwerker und Gründer: Die OSTAR-Macher Stefan Wandel (links) und Thomas Woschitz.

Wie hat sich Euer Bild von der Ukraine durch das EMBRACE-Projekt verändert?

Stefan: Ich war ja inzwischen schon neun Mal in Russland. Anfangs hatte ich von der Musikszene dort nur ein von Klischees bestimmtes Bild, wurde dann aber durch meine Erfahrungen eines Besseren belehrt und sehr positiv überrascht. So ist das nun auch wieder mit der Ukraine. Während in der russischen Musikszene viele Dinge erst noch im Aufbau sind, gibt es in der Ukraine schon längst gute Strukturen. Es ist für uns unfassbar schön zu sehen, wie groß die Bereitschaft ist, Kooperationen einzugehen und Projekte zu starten.   

Wie viele Videos habt Ihr produziert und wo kann man sie sehen?

Tom: Ursprünglich wollten wir die Videos im Mannheimer Musikpark im RNF-Studio aufzeichnen, aber dann hat Corona das leider unmöglich gemacht. Insgesamt konnten wir fünf Videos produzieren, die nun bis zum 17. Dezember nacheinander auf dem Youtube-Kanal unseres Partners Music Export Ukraine veröffentlicht werden. Das erste Video ist am 3. Dezember erschienen. In der Ukraine werden die EMBRACE-Videos in diversen Blogs und von Leuten aus der Community geteilt. Und natürlich hoffen wir, dass in beiden Ländern, in der Ukraine wie auch in Deutschland, die Presse positiv über das Projekt berichtet.

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Habt Ihr schon weitere Projekte in der Ukraine in Planung?

Stefan: Ja, es sind bereits zwei neue Projekte in Planung. Für EMBRACE 2021 haben wir bereits einen Förderantrag gestellt und hoffen auf eine Zusage, um das Projekt im nächsten Jahr idealerweise fortsetzen zu können. Gleichzeitig ist es unser Plan, ein Pilotprojekt in der Ukraine zu starten, das vergleichbar mit unserer Arbeit in Russland ist. Musikern aus beiden Ländern und aus Deutschland wollen wir im nächsten Schritt direkte Kooperationsmöglichkeiten bieten. Unsere Partner aus der Kreativwirtschaft freuen sich über diese Entwicklung, die natürlich auch viel politisches Fingerspitzengefühl braucht.  Aber in Projekten wie diesem sehen wir die Zukunft von OSTAR: Wie verstehen uns als Spezialisten für interkulturelle und soziale Verständigung durch Musik. 

OSTAR Music Network

Gegründet von Stefan Wandel und Thomas Woschitz in 2020, fokussiert sich das Mannheimer Unternehmen OSTAR Music Network auf die Konzeption von Kreativ-Coachings und Workshops.´Der Schwerpunkt liegt dabei auf Talentförderung, Team-Building und interkultureller Vernetzung. Auf dem Weg in die Professionalisierung in 2020 wurden die beiden Gründer von NEXT MANNHEIM unterstützt.

Mehr Infos:

ostarmusicnetwork.com

Music Commission e.V.

 

Die nächsten EMBRACE 2020-Folgen:

14.12. EMBRACE 2020 - Music Production

17.12. EMBRACE 2020 - Being an Artist