Mit REPLIQUE ins digitale Warenlager der Zukunft starten

Co-Founderin Henrike Wonneberger im Interview

Globale Lieferketten zeigten sich in jüngster Vergangenheit krisenbedingt sehr volatil.
Das frisch im MAFINEX eingezogene Chemovator Venture Replique liefert eine Plattform, welche das Störungsrisiko komplexer Lieferketten erheblich reduzieren kann. Co-Founderin Henrike Wonneberger über die Vorteile von 3D-Druck, digitale Warenlager und das ewige Ersatzteil mit uns im Interview.

Max Siebert und Henrike Wonneberger - Gründer & Geschäftsführer von Replique
Max Siebert und Henrike Wonneberger - Gründer & Geschäftsführer von Replique

Wer seid ihr und was macht ihr?

Henrike: Wir sind Replique, eine digitale Plattform, die es OEMs (Original Equipment Manufacturers) ermöglicht, ihre druckfähigen Teile digital zu speichern und jederzeit auf Abruf produzieren zu lassen. Dafür haben wir ein weltweites Netzwerk von 3D-Druck-Anbietern aufgebaut, die bedarfsnah in allen gängigen Technologien und Materialien produzieren können. OEMs oder Endkunden können nun also auf Knopfdruck Teile bestellen, der passende 3D-Druck-Anbieter produziert und versendet diese lokal und schnell.

Die Plattform dient dabei als digitales Warenlager, in dem die spezifischen Bauanleitungen jedes einzelnen Teils hinterlegt sind – nicht nur das 3D-Modell, sondern die gesamten Informationen für den Druck. Für Replique steht hierbei nicht der 3D-Druck als solcher im Vordergrund, sondern vielmehr das Ziel, die Teile jederzeit und überall in der richtigen Qualität verfügbar zu machen. Das spart Lagerkapazitäten und bringt in Bezug auf die Supply Chain entscheidende Vorteile. Besonders attraktiv wird die Plattform für die Produktion von Kleinserien und Einzelteilen. Im Grunde sind wir dazu da, die Komplexität der Logistik abzunehmen und unsere Kunden dabei zu unterstützen, ihre Produktionsprozesse zu optimieren.

Ihr seid ein Spin-Off der BASF. Wie kam es dazu?

Henrike: Die BASF verfügt über einen Business Inkubator namens Chemovator, der eine hundertprozentige, aber dennoch unabhängige Tochtergesellschaft des Unternehmens ist. Die Aufgabe dieses Inkubators besteht darin, vielversprechende Geschäftsideen von Mitarbeiter*innen der BASF zu unterstützen und zu fördern, die diese gerne umsetzen möchten – ähnlich wie ein sogenannter Seed-Investor mit entsprechenden Förderprogrammen. Dabei müssen die geförderten Ideen nicht zwingend direkt mit dem Kerngeschäft der BASF in Verbindung stehen, sondern können auch digitale Konzepte umfassen, die nicht in einen der etablierten Geschäftsbereiche passen. Replique ist z. B. auch eine Plattform und letztlich unabhängig von BASF-Materialien. Wir sind somit kein Vertriebspartner der BASF, sondern neutral und können das gesamte Materialspektrum vom Markt abbilden. Trotzdem arbeiten wir eng und sehr erfolgreich mit unseren Kollegen bei der BASF zusammen. Dass die BASF zudem in unser Unternehmen investiert ist, bringt uns natürlich auch einige Vorteile und Zugänge. 

Im Grunde wollen wir in 3 Jahren das digitale Warenlager für Europa sein.
Henrike Wonneberger

Wo seht ihr euch in drei Jahren? Was ist eure Vision?

Henrike: Im Grunde wollen wir in 3 Jahren das digitale Warenlager für Europa sein. Die langfristige Vision ist natürlich, uns weltweit als Marktführer zu etablieren. Wir konzentrieren uns derzeit auf den europäischen Markt, da hier der Großteil unserer Kunden ansässig ist. Da diese jedoch auch global aktiv sind und Teile benötigen, haben wir ein weltweites Netzwerk aufgebaut.

Um unsere Vision zu verwirklichen, benötigen wir Wachstum. Wir haben bereits ein ausgereiftes Produkt und konnten zahlreiche Kunden gewinnen, mit denen wir gestartet sind. Trotzdem müssen wir natürlich weiterhin stark wachsen, sodass wir auch produktseitig unser Angebot stetig ausbauen, um unsere Kunden bestmöglich unterstützen zu können.

Es gibt bereits einige Tools und Lösungen in eurem Bereich. Was macht euch einzigartig?

Henrike: Unser Fokus liegt auf einem durchgängigen Konzept – also End-to-End. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Plattform problemlos in die bestehenden Geschäftsabläufe unserer Kunden integriert werden kann und die Qualität dabei stets gewährleistet ist. Um die Komplexität für unsere Kunden zu reduzieren, können diese bei der Bestellung auswählen, wohin diese geliefert werden soll und mithilfe eines zusätzlichen Dropshipping-Modells können wir sogar den gesamten Logistikprozess im Hintergrund über unsere Plattform abwickeln. Ein Beispiel hierfür sind unsere Kunden Miele und Siena Garden: Wenn ihr bei ihnen über die Webseite ein Teil bestellt, läuft der gesamte Bestellprozess über uns ab, ohne dass ihr es bemerkt. Die Bestellung wird direkt von Miele oder Siena Garden über unsere Plattform an den Lieferanten weitergeleitet, der das Teil produziert, verpackt und versendet. Am Ende erhaltet ihr das Produkt in einem Karton, auf dem der Absender Miele oder Siena Garden steht - es ist so, als ob ihr es direkt von der Firma erhalten hätten. Auf diese Weise sehen natürlich OEMs die Teile nicht mehr, was die Qualitätssicherung umso wichtiger macht. Wir haben jedoch verschiedene Lösungen gefunden, um die Qualität zu gewährleisten. Zum Beispiel können wir die Bestellungen über die Plattform verschlüsseln und legen damit die zuvor im digitalen Warenlager hinterlegten Produktionsinformationen mitsamt der Bestellmenge für unseren Druckpartner fest.

Probleme entlang der Lieferkette sind durch multiple Krisen in aller Munde. Denkst du jetzt ist genau eure "time to shine"?

Henrike: Ja, die Ereignisse der letzten Jahre haben tatsächlich gezeigt, wie komplex und anfällig Lieferketten sein können. Unser dezentraler Produktionsansatz reduziert die Komplexität der Lieferkette und macht unser Modell widerstandsfähiger gegen Störungen. Statt Teile zu versenden, versenden wir Daten und setzen auf eine Fertigung vor Ort. Das führt zu einer effizienteren und stabileren Lieferkette, was auch in Zukunft eine immer zentralere Rolle spielen wird. 

In welcher Hinsicht fließt das Thema Nachhaltigkeit in eure zukünftige Geschäftsentwicklung?

Henrike: Ob der 3D-Druck an sich nachhaltiger ist, ist schwer zu sagen, da die Druckzeiten oft lang sind. Da 3D-Druck sehr digital ist, ermöglicht er jedoch eine sehr genaue Verfolgung des Verbrauchs. Dafür müssten wir nur den Input der Material- und Druckerhersteller nutzen. Um die Umweltauswirkungen des 3D-Drucks zu reduzieren, wird sicherlich auch für uns die Rückverfolgbarkeit des Carbon Footprints relevant.

Doch was in Bezug auf Nachhaltigkeit wirklich wichtig ist, ist die Möglichkeit der kosteneffizienten Einzelteilfertigung. Mit 3D-Druck können wir damit Ersatzteile herstellen, die sonst unrentabel wären, was zu einer signifikanten Verlängerung der Lebenszyklen von Produkten beitragen kann. Das bedeutet weniger Ressourcenverbrauch und weniger Müll, was aus unserer Sicht ein sehr wichtiger Aspekt ist. Aber auch die Vermeidung von Überproduktion und Lagerung von Teilen, sowie die lokale Produktion können dazu beitragen, die Nachhaltigkeit zu verbessern.

Letztes Jahr seid ihr zu uns ins MAFINEX gezogen, worüber wir uns natürlich sehr freuen. Was waren eure Gründe zu uns zu kommen?

Henrike: Es stand von Anfang an fest, dass wir umziehen wollen und und wir haben uns sofort von eurem Konzept hier begeistern lassen. Die Mischung aus der Lage und der Infrastruktur drumherum ist einfach großartig. Was ich nicht zu vernachlässigen finde, ist auch die gute Anbindung durch den ICE-Bahnhof in unmittelbarer Nähe. Auch die Community im MAFINEX ist für uns ein großes Plus und wird noch wichtiger werden, insbesondere wenn wir uns hier etwas eingelebt haben. Wenn wir sehen, was hier sonst noch für spannende Unternehmen sind, sehe ich viel Potenzial für Austausch und Kooperation.