Communitymanagement bezieht sich eher auf den inhaltlichen Teil, in dem man sich mit den einzelnen Startups mit Technologieschwerpunkt auseinandersetzt, relevante Angebot für die Community baut, die darauf abzielen, das unternehmerische Wachstum zu beschleunigen und Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, Austausch anzuregen. Das Stichwort ist hier wohl »Synergie durch ein Miteinander«. Das Ziel ist es, Potentiale möglicher Kooperationen zu finden."
Die MAFINEX-Community – gelebte Kultur des Miteinanders
Zentrumsleiter Marc Zimmer wirft im Interview einen Blick hinter die Kulissen von Mannheims größtem Startupzentrum
Das MAFINEX Technologiezentrum ist die perfekte Gründungs- und Wachstumsplattform für tech-orientierte Startups. Über 170 Unternehmen, die innovative, zukunftsorientierte Produkte oder Dienstleistungen entwickeln, haben hier schon erfolgreich den Markteinstieg geschafft. Ein Grund dafür ist nicht nur die ideale Infrastruktur, sondern auch ein anderer wesentlicher Bestandteil: eine funktionierende Community!
Zentrumsleiter und Community-Manager Marc Zimmer hat sieben Jahre lang entscheidend zum erfolgreichen Miteinander innerhalb des größten unserer Zentren beigetragen. Jetzt zieht es ihn beruflich zu neuen Ufern. Im Interview blickt er zurück und erklärt, was das MAFINEX und seine Aufgabe hier so besonders macht, warum Synergien so wichtig sind, und welche Fäden es zu ziehen gilt.
Du bist Communitymanager und Zentrumsleiter des MAFINEX. Was ist dein Job genau?
Marc: "Vorweg – es ist bis heute im Flow, verändert sich und eine ganz präszise Antwort gibt es wohl gar nicht. Es ist die Doppelrolle als Zentrumsleiter zum einen, und Communitymanager zum anderen. Da gibt es Unterschiede. Zentrumsleitung als solches ist viel Administratives, Gebäude- und Infrastruktur. Das beinhaltet auch, dass der Prozess des Ein- und Auszugs neuer Mieter*innen irgendwie gemanagt wird.
Mit aktuell um die 70 Startups in unserem größten Zentrum ist die Community hier im MTZ die größte und auch aktivste innerhalb unseres Ökosystems. Was ist der Grund dafür? Was macht ihr hier anders?
Marc: „Da gibt es wahrscheinlich mehrere mögliche Gründe. Einer liegt tatsächlich in der Größe des Zentrums, dem Standort, der damit einhergehenden Infrastruktur und vielleicht auch der ausgeprägteren Tradition als erstes Zentrum innerhalb Mannheims. Wir sind das größte Zentrum. Punkt. So entsteht schnell der Eindruck einer aktiveren Community. Lebhaft im Sinne von – hier passiert regelmäßig was, Leute haben Spaß an der gegenseitigen Vernetzung. Ohne vermessen klingen zu wollen, glaube ich schon, dass man da in der Rolle des Communitymanagers viel kultivieren kann. Das fängt schon mit dem Onboarding neuer Mieter*innen an. Wenn du schon in einem Erstgespräch zum Ausdruck bringst, dass es quasi eine Grundvoraussetzung für einen möglichen Einzug ist, eben nicht nur gewisse Hardfacts, bzw. alle förderrechtlichen Parameter zu erfüllen, sondern dass eben auch ein glaubhaftes Interesse an dem „Miteinander“ besteht. Dieser Aspekt wird bei uns im Haus tatsächlich von vornherein abgefragt. Wer das nicht glaubhaft rüberbringt, hat es schwerer, als jemand der sagt – hey, ich komme hierher, weil ich sehe, dass es hier viele Schnittmengen, Potential und spannende Unternehmen gibt, von denen ich lernen und mich inspirieren lassen kann. Es ist wichtig, von Anfang an klarzumachen, dass wir eben nicht nur Vermieterin sind, sondern dass der gelebte Communitygedanke zu einem unserer Hauptbenefits zählt."
"Feierabend-Bier" im Garten des MAFINEX
Machst Du Dir bei Unternehmen, die gerne hier einziehen möchten, im Vorfeld die Mühe, nach Schnittmengen und gemeinsamen Potentialen der unterschiedlichen Geschäftsinhalte zu schauen?
Marc: "Ja. Mein Team und ich schauen uns im Vorfeld sehr genau an, wer hier einziehen könnte, kennen natürlich all unsere Mieter*innen sehr gut und können so schon ein erstes, grobes »Matchmaking« vornehmen. Diese erste Sondierung findet immer hier vor Ort statt – man spricht gemeinsam darüber, was für Community-Angebote es gibt. Wir suchen bewusst nach Sartups, die von diesen auch Gebrauch machen, weil wir daran glauben, dass der aktive Austausch sehr viel Potential birgt. Dass das so ist, wird auch immer sichtbarer."
Was für Tools nutzt Du und Dein Team, damit der gewünschte Austausch der Startups untereinander niederschwellig stattfinden kann?
Marc: "Zum einen haben wir natürlich eine Kommunikationsplattform, auf der sich alle Mieterinnen und Mieter finden und miteinander sprechen können. Bei uns ist das Slack – was die meisten Techies ohnehin kennen und nutzen. Wer neu einzieht, stellt sich kurz vor, was auch ein verbindlicher Teil des gesamten Onboarding-Prozesses ist – dann ist meist sofort klar, wo es mögliche Schnittmengen zu anderen Unternehmen gibt. Natürlich muss man die Leute manchmal auch anstoßen, weil sie eben auch ein Geschäft haben und nicht immer nur das potentielle Netzwerk im Blick haben.
Weitere Tools sind unter anderem unser »Feierabendbier«, oder ein monatliches Community-Breakfast namens »Code Brew«, als reine Netzwerkveranstaltungen mit niederschwelligen Angeboten und Startup-Pitches. Dabei geht es in erster Linie darum, sich zu treffen, und sich auf dem Schirm zu haben und miteinander ins Gespräch zu kommen. Das mag trivial klingen, ist aber in Wirklichkeit unheimlich wichtig. Und ganz im Ernst, mal ist es eben die Bratwurst und das Bier, die die Leute dazu bringen, mal ihr Büro zu verlassen. Wichtig ist es dann aber tatsächlich auch, in der Rolle des Communitymanagers, ein solches Treffen zu moderieren. Wenn ich zum Beispiel mitbekomme, dass sich ein Unternehmen mit einer Fragestellung beschäftigt hat, die für eine andere Partei auch interessant ist, bringe ich diese beiden natürlich proaktiv zusammen. Oder ich sehe, die einen sind im Bereich Batterietechnik und sind interessiert an Lithium, und an der anderen Stelle habe ich jemanden, der Geothermien nutzt, um daraus Lithium zu gewinnen, dann ist klar, dass ich sage »hey, sprecht mal miteinander!« “
Hast Du da konkrete Beispiele, wo das dann auch funktioniert hat?
Marc: „Klar. Da wären zum Beispiel Certirex, die sich unter anderem mit dem Thema Fälschungsschutz und Produkt-Identifikation auseinandergesetzt haben und Osapiens, die sich höchst erfolgreich mit Lieferketten-Transparenz befassen. Diese beiden Unternehmen haben wir proaktiv zusammengebracht. Ich bin in diesen Fragen mit Sicherheit kein Fach-Nerd, höre aber die Buzzwords und merke schnell, wenn es sich um ähnliche Bereiche handelt und nehme eine Kompatibilität zumindest auf einem sehr oberflächlichen Level wahr. In diesem konkreten Fall sind beide Unternehmen tatsächlich sogar vor geraumer Zeit zu einem fusioniert. Klar ist eine Fusion eher die Ausnahme, aber es ist ein prominentes Beispiel, das für beide große Vorteile gebracht hat. Ein anderes Beispiel wäre ein Unternehmen, das im Bereich der Bio-Methanol-Synthese aktiv ist. Dieses Startup haben wir mit einem ehemaligen Mieter hier aus dem Mafinex zusammengebracht, der in der MENA-Region in genau diesem Bereich in der Projektleitung gearbeitet hat. Ein konkretes, gemeinsames Projekt ist hier noch nicht entstanden, aber beide sind in engem Austausch. Es muss ja nicht immer in eine direkte Kooperation, sondern kann eben auch in eine Form von Mentoring münden, die einem beispielsweise sehr viel Arbeit und Marktrecherche ersparen kann.“
Gibt es auch Unternehmen im Haus, die Kunden eines anderen Startups sind?
Marc: "Auch dafür gibt es tatsächlich Beispiele - Green Vision Solutions bei uns im Haus befassen sich mit dem hochspannenden Thema der Co2-Bilanzierung, dem Carbon Footprint, um Unternehmen zu beraten, klimaneutraler zu werden. Um das tun zu können, haben sie mit Future Next, einem Software-Startup, ebenfalls aus dem MAFINEX, eine aufwändige Software gebaut und eine Lösung entwickelt."
Der Arbeitsmarkt ist gerade branchenübergreifend ein „schwieriger“. Ambitionierte und versierte Mitarbeitende zu finden, ist gerade auch für Startups nicht immer leicht. Unterstützt ihr an dieser Stelle auch?
Marc: "Ja, und das auch auf mehreren Ebenen. Gemeinsam mit dem Jobcenter und der hier ansässigen Hackathon-Company unterstützen wir beispielsweise ein Programm, in dem es darum geht, Langzeit-Arbeitsuchende mit einem gewissen Profil, oder zumindest ausgeprägtem Interesse im Digital-Bereich, in Unternehmen im Haus einzugliedern. Diese Menschen wurden über das Register des Jobcenters geführt, wurden angesprochen und konnten sich für die drei-monatige Hack-School bewerben. Oliver Brümmer von der Hackathon-Company hat diese Profile im Vorfeld geprüft, um sondieren zu können, was inhaltlich passt für interessierte Startups passen könnte. Viele Startups, wie Visual Abstract oder auch Future Next haben sich in dieses Programm eingeklinkt und mit Workshop-Bestandteilen aktiv dazu beigetragen. Dabei wurde recht schnell klar, dass es Teilnehmer*innen gab, die echtes Potential mitbrachten. Beide Startups haben direkt aus diesem Projekt heraus feste Mitarbeitende gewonnen. Das ist für alle Beteiligten natürlich eine echte Win-Win-Situation. Das ist richtig cool. Auf der anderen Seite arbeiten wir auch eng mit diversen Hochschulen zusammen, um beispielsweise im Rahmen von „Startup-Safaris“, Studierende direkt mit den unterschiedlichen Teams und Unternehmen zusammenzubringen. Im Rahmen dieser Programme „pitchen“ die Startups vor den jungen Talenten, um sich und ihr Business vorzustellen. Nicht selten merken wir, dass im Anschluss an solche Aktionstage Praktika oder Werksstudenten-Tätigkeiten zustande kommen, von denen einige auch in eine Festanstellung münden."
Wenn ihr auf solche Erfolgsstories zurückschaut, und man weiß, dass man aktiv Fäden gezogen hat, ist man dann ein bisschen stolz?
Marc: „Für mich ist das immer die größte Form der Zufriedenheit, die ich selbst aus meinem Job ziehen kann, wenn ich das Gefühl habe, »da sind jetzt Persönlichkeiten aufeinander getroffen, die sich ergänzen und weiterbringen«. Dabei ist es am Ende fast ein bisschen egal, ob auf einer beruflichen, oder gar auf privater Ebene. Es ist cool zu sehen, dass hier eine wunderbare Offenheit und eine Kultur des Miteinanders entstanden ist. Wenn das dann für mich sichtbar wird, sind das schon Momente, in denen ich super happy bin. Der Grund dafür, dass das so klappt, ist zum einen das MAFINEX als Plattform als solche, und dass mein Team und ich eben diese Schnittmengen die ganze Zeit sondieren und aktiv vorantreiben. Und ganz allgemein glaube ich, dass wir hier eine richtig gute Atmosphäre geschaffen haben.
Hast Du noch Pläne, was Du gerne noch verwirklichen möchtest?
Marc: „Viele. Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns künftig gelingen würde, eine Art „Alumni-Netzwerk“ aufzubauen. Es wäre schön, wenn ehemalige Gründer*innen aus unserem Haus als fester Berater-Pool für unsere Mieter*innen bereitstünden. In loser Form passiert das schon, wir würden es aber gerne institutionalisieren."
Gibt es im MAFINEX noch Platz?
Marc: „Gerade tatsächlich nicht. Aber aufgrund des Förderrechts haben wir ja eine gewisse Mietvertragsdauer und dementsprechend auch eine recht kontinuierliche Fluktuation. Ich sage mal, dass wir in einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten immer eine Office-Einheit für Interessierte finden. Eine Anfrage lohnt sich also in jedem Fall."